Kontaktlinsen mit prismatischer Korrektur – Was wirklich möglich ist

Einführung

Prismatische Korrekturen in Kontaktlinsen sind ein faszinierendes, aber oft missverstandenes Thema. Viele Menschen verbinden das Wort “Prisma” in Kontaktlinsen mit Stabilisationsmechanismen, um die Linse in der richtigen Position zu halten. Doch in diesem Artikel geht es um etwas anderes: Kontaktlinsen mit tatsächlich eingearbeiteter prismatischer Korrektur zur Unterstützung des beidäugigen Sehens wie bei einer Winkelfehlsichtigkeit. Diese speziellen Linsen können also helfen, Doppelbilder zu vermeiden und das Zusammenspiel der Augen zu verbessern.

Kurzfassung

Prismatische Kontaktlinsen sind eine Spezialanfertigung und nicht mit normalen prismatisch stabilisierenden Kontaktlinsen zu verwechseln. Eine prismatische Korrektur sorgt für eine gezielte Ablenkung des Lichtstrahls, um eine Fehlstellung der Augen auszugleichen. Dies ist bei Brillengläsern vergleichsweise einfach, aber bei Kontaktlinsen technisch herausfordernd. Besonders formstabile Sklerallinsen sind hier die beste Lösung, da sie sich durch ihre Größe und den Sitz auf dem Auge gut für eine stabile prismatische Korrektur eignen.

Was ist ein Prisma in einer Kontaktlinse?

Ein optisches Prisma lenkt Lichtstrahlen ab, indem es eine keilförmige Form hat – der dickere Bereich (die Basis) bestimmt die Richtung der Lichtablenkung, während das Licht zum dünneren Bereich (dem Apex) hin gebrochen wird. In einer Brille wird das Glas an einer Stelle dicker, um die prismatische Wirkung zu erzeugen. Dies ist bei Kontaktlinsen genauso.

Eine prismatische Korrektur wird oft bei Augenmuskelungleichgewichten eingesetzt, um Doppelbilder zu verhindern. Der maximal erreichbare Wert liegt bei etwa 4 cm/m (4 Prismendioptrien) pro Kontaktlinse – unabhängig von der Richtung der prismatischen Ablenkung. Für zwei Kontaktlinsen bedeutet das also maximal 8 cm/m in der Gesamtkorrektur. Wir haben auch Kunden mit einem höheren Bedarf an Prismendioptrien. Hier ist entweder einer Teilkorrektur denkbar oder die Kombination aus Prismenbrille und Prismenkontaktlinsen.


Man könnte also einen Bedarf von 12 Prismendioptrien aufteilen auf eine Versorgung von 8cm/m in den Linsen und 4 in der Brille. Das führt beispielsweise zu deutlich dünneren Brillengläsern.

Die Kontaktlinse zeigt das Bild einer Sklerallinse. Kontaktlinsen mit Prismen (spezielle Sklerallinsen) haben stets eine Markierung im unteren Bereich. Für das rechte Auge wird ein Punkt auf der Kontaktlinse aufgebracht und für das linke Auge zwei Punkte. So wissen Sie stets, wie die Kontaktlinse auf das Auge aufgesetzt werden muss und welche Kontaktlinse für das rechte und das linke Auge angefertigt wurde.

Warum sind formstabile Sklerallinsen für die Versorgung mit Prismen ideal?

Normale weiche Kontaktlinsen sind für prismatische Korrekturen ungeeignet, da sie sich durch den Lidschlag bewegen und nicht die nötige Stabilität haben. Formstabile Sklerallinsen hingegen sitzen auf dem weißen Bereich des Auges (der Sklera) und überbrücken die Hornhaut, ohne sich stark zu bewegen. Das macht sie zur idealen Basis für eine stabile prismatische Korrektur.

Ein weiterer Vorteil der Sklerallinsen ist ihr Flüssigkeitsreservoir: Zwischen Linse und Hornhaut befindet sich eine dünne Schicht Kochsalzlösung / Tränenfilm, die nicht nur zur Stabilität beiträgt, sondern auch die Oberfläche des Auges schützt und das Trockenheitsgefühl reduziert.

Wie wird eine prismatische Sklerallinse angepasst?

Der Anpassungsprozess unterscheidet sich grundlegend von dem einer normalen Kontaktlinse:

  1. Keine Kontaktlinsen für 48 Stunden tragen
    Vor der Anpassung muss das Auge “frei” von vorherigen Linsen sein, damit eine präzise Vermessung erfolgen kann.
  2. Vorab-Analyse der Augenhistorie
    Bevor Sie zur Anpassung kommen, sollte eine Beratung stattfinden, um mögliche Besonderheiten oder Augenerkrankungen zu berücksichtigen.
  3. Individuelle Abformung des Auges
    Anstatt nur die Hornhaut zu vermessen, wird hier ein vollständiger Abdruck des Auges genommen. Dabei werden nicht nur die Hornhaut, sondern auch die Sklera und deren Unebenheiten erfasst.
  4. Individuelle Fertigung der Linse
    Auf Basis dieses Abdrucks wird die Kontaktlinse maßgefertigt, sodass sie perfekt auf die Struktur des Auges passt.
  5. Anpassung und Testphase
    Nach der Herstellung wird die Linse eingesetzt und getestet, um sicherzustellen, dass die prismatische Korrektur korrekt wirkt und die Linse angenehm sitzt.

Wo sind diese Linsen erhältlich?

In Deutschland sind prismatische Sklerallinsen nicht weit verbreitet. Die Eye Print Pro Prosthetics sind eine der wenigen verfügbaren Optionen und bei uns im Geschäftt erhältlich. Falls Sie Interesse an diesen Linsen haben, kontaktieren Sie uns bitte vorab, um den Anpassungsprozess zu planen.

Kosten für Kontaktlinsen mit Prismen für Winkelfehlsichtigkeit

Die Kosten liegen ca. bei 7000 € pro Jahr für ein Paar dieser hoch spezialisierten Kontaktlinsen.

Ungewollte Prismen bei Sklerallinsen Fallbeispiel 1

Neben der gezielt eingearbeiteten prismatischen Korrektur kann es bei Sklerallinsen auch zu unerwünschten prismatischen Wirkungen kommen. Diese entstehen durch eine asymmetrische Verteilung des Tränenfilms unter der Linse.

Links sehen Sie eine Kontaktlinse, die optimal sitzt und keine ungewollte prismatische Wirkung erzeugt, weil der Tränenfilm (grün eingefärbt mit Kontrastmittel) gleichmäßig verteilt ist. Rechts im Bild können Sie sehen, dass oben weniger Tränenfilm vorhanden ist und unten mehr. Das erzeugt unbeabsichtigt ein Prisma Basis unten oder 270°.

Wenn die Kontaktlinse ideal sitzt, bleibt der Tränenfilm gleichmäßig verteilt, und es entsteht keine unbeabsichtigte prismatische Wirkung. Sitzt die Linse jedoch zu tief, sammelt sich mehr Flüssigkeit im unteren Bereich, wodurch ein Prisma mit Basis unten entsteht. Dies kann das beidäugige Sehen beeinträchtigen und zu Problemen wie Doppelbildern oder einem unangenehmen Seheindruck führen.

Wie erkennt man eine fehlsitzende Linse?

Mit einem speziellen Spaltlampenmikroskop lässt sich die Tränenfilmverteilung sichtbar machen. Wenn der Tränenfilm in einer keilförmigen Geometrie erscheint, deutet dies auf eine zu tief sitzende Linse hin. In solchen Fällen ist die Lösung nicht, das unerwünschte Prisma durch ein weiteres Prisma zu korrigieren, sondern zunächst den Sitz der Linse zu optimieren.

Die richtige Vorgehensweise

  1. Perfekte Zentrierung der Linse sicherstellen
    • Falls die Linse zu tief sitzt, muss die Passform angepasst werden, bevor eine prismatische Korrektur in die Linse integriert wird.
  2. Messung des tatsächlichen prismatischen Effekts erst nach optimalem Sitz
    • Erst wenn die Linse ideal sitzt, wird überprüft, ob eine zusätzliche prismatische Korrektur notwendig ist.
  3. Vermeidung von Kompensationsfehlern
    • Eine fehlerhafte Linse sollte nicht durch eine fehlerhafte prismatische Korrektur ausgeglichen werden.

Falls Sie unsicher sind, ob Ihre aktuelle Linse optimal sitzt, helfen wir Ihnen gerne weiter. Bitte beachten Sie, dass Sie für eine exakte Anpassung 48 Stunden vor Ihrem Termin keine Kontaktlinsen tragen sollten.

Ungewollte Prismen in der Kontaktlinse Fallbeispiel 2 bei weichen Linsen

Weiche Kontaktlinsen nutzen häufig einen Prismaballast zur Stabilisierung auf dem Auge. Diese Stabilisation sorgt dafür, dass die Linse in einer bestimmten Position bleibt, insbesondere bei torischen Kontaktlinsen zur Korrektur einer Hornhautverkrümmung. Dabei entsteht jedoch ein prismatischer Effekt, dessen Ausmaß je nach Linsendesign variieren kann. In manchen Fällen kann dieser Effekt über 1 cm/m betragen und somit zu einem störenden vertikalen Prisma führen.

Ein Problem tritt auf, wenn auf einem Auge eine sphärische Linse getragen wird – also eine Linse ohne Stabilisation, die keinen Prismaballast benötigt – während auf dem anderen Auge eine torische Linse mit Stabilisationsprisma angepasst wird. Dadurch kann ein unerwünschter prismatischer Effekt entstehen, der das beidäugige Sehen beeinträchtigen kann.

Sollte ein solcher prismatischer Effekt nicht gut vertragen werden, ist es wichtig, Alternativen zu prüfen. Eine Möglichkeit wäre, für beide Augen ein vergleichbares Linsendesign zu wählen, um das prismatische Ungleichgewicht zu reduzieren. Alternativ kann geprüft werden, ob eine andere Stabilisierungsform oder ein anderes Linsendesign das Problem mindern kann.

Fazit

Prismatische Kontaktlinsen sind eine hervorragende Möglichkeit, bestimmte Sehprobleme zu korrigieren – allerdings nur mit den richtigen Materialien und einer individuellen Anpassung. Wenn Sie eine stabile Lösung suchen, finden Sie diese in maßgefertigten Sklerallinsen mit Prismenkorrektur.

Haben Sie Fragen zu prismatischen Kontaktlinsen? Kontaktieren Sie uns gerne für eine individuelle Beratung!